Milchsammelwagenfahrer - Kein einfacher Job

Der Arbeitstag beginnt für Klaus M. bereits früh morgens. Er übernimmt um 03:30 Uhr den Sammelwagen von seinem Kollegen, der die Milch der Abendtour zur Molkerei gebracht hat. Bevor der erste Hof angefahren werden kann, stellt Klaus den Hänger auf einen Parkplatz im Sammelgebiet ab. Damit Unbefugte keine Gegenstände in den Tank des Anhängers werfen können, müssen die Domdeckel verschlossen sein. Jetzt kann es losgehen. Heute sind Keim­zahlproben zu ziehen. Klaus kontrolliert das vom LKV bereitgestellte Rundmagazin mit den vorkonservierten Probenflaschen und schaltet das Kühlaggregat im Probenfach seines LKW ein.

Da sich von der vorangegangenen Reinigung eventuell noch Restwasser im Probenahme­system das Milchsammelwagens befindet, muss beim ersten Landwirt eine Vorprobe gezogen werden. Diese Probe wird vom LKV zwar untersucht, darf aber nicht für die Bezahlung der Milch gewertet werden. Darum muss Klaus, sobald das System des Milchsammelwagens mit Milch vorgespült ist, den Absaugvorgang stoppen und die Probenahme auslösen. Erst danach wird die restliche Milch abgesaugt. Die Inhaltsstoffe aus dieser zweiten Probe werden dann für die gesamte Milchmenge des 1. Lieferanten zugrunde gelegt.

Klaus weiß, dass die Milch des 1. Lieferanten vor dem Abtanken gut durchmischt sein muss; darum schaltet er, sobald er beim ersten Landwirten angekommen ist, sofort das Rührwerk der Kühlwanne ein. Denn, wenn er beispielsweise 100 Liter nicht gerührte, aufgerahmte Milch von unten aus der Wanne in die Vorprobe ziehen würde, hätte die restliche Milch der Haupt­probe einen höheren Fettgehalt als der Durchschnitt der bereitgestellten Gesamtmenge. So­mit würde der erste Landwirt Inhaltsstoffe vergütet bekommen, die er nicht abgeliefert hat; der Molkerei würde ein finanzieller Schaden entstehen.

Bei den folgenden Lieferanten der Sammeltour kann Klaus sofort (ohne vorheriges Rühren) mit dem Absaugen der Milch beginnen, da nur eine Probe gezogen wird und das Probenahme­system des LKW in der Lage ist, auch bei aufgerahmter Milch eine repräsentative Probe zu ziehen, die den Inhaltsstoffen der gesamten bereitgestellten Milch entspricht. Hierbei spielt es keine Rolle, ob in der Milchkammer ein Tank oder mehrere Wannen stehen. Entscheidend für eine korrekte Probenahme ist, dass aus jedem Lagerbehälter ein repräsentativer Anteil in die Probenflasche gelangt. Aus diesem Grund muss die ungefähre Menge der gesamten bereitge­stellten Milch vor dem Absaugen bekannt sein.

Mengenteiler- oder Samplerprobe

Bei der Mengenteilerprobe wird während des gesamten Absaugvorgangs kontinuierlich ein kleiner Teil der Milch in ein Stapelgefäß abgezweigt. Wenn der Abtankvorgang beendet ist, kann Klaus die Probenahme auslösen. Aus dem Stapelbehälter werden nach gründlichem Rühren ca. 40 ml Milch über einen Schlauch durch eine Injektionsnadel in die Probenflasche abge­füllt. Vor dem Abtanken muss die Größe der Abzweigung gewählt werden. Die Systeme ver­fügen in der Regel über 2 oder 3 Stellungen. Dies ist wichtig, damit einerseits bei einem Lie­feranten mit geringer Milchmenge über die große Abzweigstellung eine für die Probe­nahme noch ausreichende Milchmenge in den Stapelbehälter abgezweigt werden kann. Ande­rerseits darf bei Landwirten mit großer Milchmenge der Stapelbehälter nicht überlaufen. Wäre dies der Fall, so würde ein Teil der angenommenen Milch am vollen Stapelbehälter vorbei in den Tank des LKW gelangen, ohne dass diese Menge für die Probenahme Berücksichtigung fände. Daher wird bei größeren Milchmengen eine kleine Abzweigstellung gewählt. Dies ge­schieht in der Regel automatisch, da die Steuersysteme der Milchsammelwagen über ein Mengenmemory verfügen und die Vorwahlstellung der Abzweigung nach der zuletzt aufge­nommenen Menge des Betriebes auswählen. Klaus muss allerdings dann eingreifen, wenn er vor dem Abtanken feststellt, dass die tatsächliche Milchmenge von der erwarteten stark ab­weicht. Manuell kann er die vom System gewählte Vorwahlstellung verändern; allerdings nur dann, wenn der Abtankvorgang noch nicht gestartet wurde.

Bei der Samplerprobe wird ebenfalls kontinuierlich während des gesamten Absaugvorgangs über eine gebogene Nadel, die direkt im Ansaugsystem sitzt, Milch für die Probe entnommen. Allerdings gelangt diese Milch nicht in ein Stapelgefäß. Eine Schlauchpumpe fördert die ent­nommene Milch über einen Siliconschlauch durch eine Injektionsnadel direkt in die Proben­flasche. Bei Betrieben mit geringen Milchmengen läuft die Pumpe mit hoher Drehzahl, so dass eine für die Untersuchung ausreichende Probenmenge zur Verfügung steht. Erwartet das Steuersystem des LKW eine größere Milchmenge, so läuft die Pumpe entsprechend langsam. Im Idealfall werden 40 ml Milch in die Probenflasche abgefüllt. Weicht die tatsächliche Milchmenge von der erwarteten leicht ab, wird etwas weniger oder etwas mehr Milch in die Probenflasche gefüllt. Sowohl aus 35, wie auch aus 45 ml Milch kann der LKV die Inhalts­stoffe bestimmen. Problematisch wird es erst bei Füllmengen von weniger als 30 ml Milch. Die Keimzahl kann eventuell noch bestimmt werden, für Fett/Eiweiß und Zellzahl reicht diese geringe Menge dann nicht mehr aus. Wird deutlich mehr Milch abgetankt, als vom Mengen­memory erwartet, schaltet die Probenabfüllung kurz vor dem Überlaufen der Probeflasche ab. Da der Abtankvorgang in diesem Fall nicht unterbrochen wird, gelangt hier die Restmilch des Lieferanten ohne Abzweigung in den Tank des LKW. Die Probe kann vom LKV zwar unter­sucht werden, ist aber in diesem Fall nicht repräsentativ und darf daher auch nicht gewertet werden. Auch bei Fahrzeugen, die mit Samplerprobe ausgerüstet sind, kann die vom Men­genmemory vorgegebene Milchmenge noch vor dem Abtanken manuell korrigiert werden, so dass durch die Automatik des Fahrzeuges eine repräsentative Probe entnommen werden kann.

Anforderungen an die Fahrer sind hoch

Sowohl die Molkerei, als auch der LKV stellen hohe Anforderungen an die Fahrer der Milch­sammelwagen. Neben den technischen Fähigkeiten mit einem LKW zum Teil durch enge Tore bei Dunkelheit in die Höfe der Kunden zu fahren, wird absolute Zuverlässigkeit in Ver­bindung mit Pünktlichkeit erwartet. Da im landwirtschaftlichen Betrieb für die Tankreinigung ja noch eine gewisse Zeit benö­tigt wird, muss die Milch der Landwirte, die ab 06:00 Uhr mit dem Melken beginnen wollen, spätestens gegen 05:30 Uhr abgetankt sein. Also ist es sinnvoll eine Sammeltour so zu organi­sieren, dass während der normalen Melkzeiten keine Milch bei den Landwirten abgetankt wird, sondern während dieser Zeit das Umtanken in den Anhänger oder der Transport zur Molkerei stattfindet. Leider ist es ab 07:00 Uhr auf den Straßen nicht gerade leer. Glücklich ist der Fahrer, der seine Milch ohne Wartezeit in der Molkerei sofort ablassen kann. Vorher muss allerdings die Gesamttankprobe, die während der Annahme der Milch bei allen Land­wirten der Tour in eine größere Flasche abgefüllt wird, noch einem Schnelltest unterzogen werden. Einige Hemmstoffe, sowie bestimmte Arzneimittelrückstände können so innerhalb weniger Minuten identifiziert werden. Leider findet dieser Schnelltest nicht alle Hemmstoffe, die durch den amtlichen, zweieinhalb bis drei Stunden dauernden Test nachgewiesen werden können. Erst wenn das Ergebnis des Schnelltests in Ordnung ist, darf die Milch abgelassen werden. Die Güteproben, die vom Probenahmesystem des LKW beim Abtanken automatisch genommen wurden, müssen dem Kühlfach des Milchsammelwagen entnommen und in die Kühlzelle der Molkerei zum weiteren Transport ins LKV-Labor ge­stellt werden. Damit eventuell vor­handene Keime sich nicht ungebremst weiter vermehren, ist das Ein­halten der Kühlkette von großer Bedeutung.